02.12.2019

Allein der ärztlichen Berufsgruppe ist es uneingeschränkt erlaubt, Unterspritzungen mit Fillern oder Botulinum vorzunehmen

Weil eine junge Kosmetikerin (und Influencerin) in Bochum vielfach ästhetische Behandlungen ohne die dafür erforderliche Qualifikation durchgeführt hatte, wurde sie kürzlich zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe sowie auch zu einer hohen Geldstrafe verurteilt. Das Gericht bestätigte, dass die Behandlung mit Fillern und mit Botulinum in die Hände von approbierten Ärzten gehört, weil nur sie in ausreichendem Maße dafür ausgebildet sind und auch nur sie über die erforderlichen Spezialkenntnisse für invasive Behandlungsformen verfügen.

Wie kann es zu Fillerbehandlung durch Nichtmediziner kommen?

Unterspritzungen mit Fillern zur Faltenbehandlung und zum Gesichtsaufbau stellen mittlerweile eine gängige Behandlungsform dar, gehören sie doch zu den häufigsten ästhetischen Eingriffen überhaupt. Unterzogen sich zumeist aus Kostengründen noch bis zur Jahrtausendwende eher nur die etwas besser situierten Frauen einer solchen Behandlung, so kann sich heutzutage beinahe jede Frau eine Unterspritzung leisten. Somit sind Unterspritzungen inzwischen in allen Schichten beliebt und dementsprechend auch häufig. Für den Laien erscheint eine Unterspritzung auf den ersten Blick eine relativ simple Sache, die im Handumdrehen abzulaufen scheint und auch schnell vorgenommen werden kann. Darum werden einige vielleicht auf den Gedanken kommen, sich das Einspritzen von Fillern auch selber zutrauen zu können. Den wenigsten ist jedoch dabei bewusst, dass sich hinter einer einwandfrei durchgeführten Unterspritzung eine ganze Menge an ärztlichem Wissen, an Durchblick, an Können und auch an Erfahrung verbirgt. Fillerunterspritzungen als invasive Behanandlungsform sind Laien aus gutem Grund verboten. Glaubt nun ein Laie, sich trotzdem über dieses Verbot hinwegsetzen zu können, wird ihm das sehr leicht gemacht – leider! Im freien Handel sind Injektionsspritzen und Nadeln leicht erhältlich, und auch die meisten Filler können als Medizinprodukte rezeptfrei gekauft werden. Denn beispielsweise für Hyaluronsäurefiller gibt es keine Verschreibungspflicht .Sobald das Handwerkszeug und die Präparate für eine Unterspritzung frei verfügbar sind, wird die Hemmschwelle automatisch heruntergesetzt, sie auch einzusetzen. Durch die fehlenden Hürden wird es somit auch einem nichtärztlichen Personenkreis leicht gemacht, eine solche Anwendung auszuführen. Es steht zu befürchten, dass sie dann leider unsachgemäß und fehlerhaft vorgenommen wird. Im Fall der Bochumer Kosmetikerin könnte es durchaus sein, dass sie das Unterspritzen zuerst in kleinem Kreis, vielleicht bei Bekannten, geprobt und sich dann immer mehr zugetraut hat, ohne an die möglichen Folgen zu denken. Vermutlich hat sie, vielleicht nach anfänglich zufriedenstellenden Ergebnissen, ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten stark überschätzt. So ist es bei mehreren Dutzend Personen zu teilweise schweren Körperverletzungen gekommen.

Die möglichen Folgen bei unsachgerechter Fehlbehandlung mit Fillern

Die Bochumer Kosmetikerin wird leider nicht die einzige sein, die so etwas unternommen hat, denn die Dunkelziffer dürfte hoch sein. So wird es mittlerweile wohl häufiger vorkommen, dass auch medizinisch nicht ausgebildete Laien unerlaubterweise Filler und Füllstoffe unterspritzen. Vieles können sie jedoch dabei falsch machen. Schon allein die Resultate werden infolge einer ungenügenden Kenntnis der anatomischen und physiologischen Zusammenhänge sowie der Wirkungsweise der injizierten Mittel zumeist unzufriedenstellend ausfallen und im Extremfall die Behandelten sogar verunstalten. Es kann hier aber um weitaus gravierendere Dinge gehen. Schließlich treten die Inhalts- und Wirkstoffe der Präparate, die ins Unterhautgewebe eingespritzt werden, mit dem Körper in Wechselwirkung. Es können unvorhergesehene Reaktionen des Körpers auf diese Inhaltsstoffe hervorgerufen werden und es können Nebenwirkungen auftreten. Die möglichen Auswirkungen muss der Behandler kennen, und er muss wissen, was er im Einzelfall unternehmen muss, um einen gesundheitlichen Schaden abzuwenden. In erster Linie muss sauber und steril gearbeitet werden. Ist das nicht der Fall, so kann das Injizieren z.B. mit unsterilen Nadeln zu Infektionen oder sogar zu Phlegmonen führen. Unsachgemäße Einspritzungen können Gefäßverletzungen hervorrufen und im Extremfall sogar zu Lähmungen führen. Bestimmte Substanzen können Allergien auslösen, die sehr heftig verlaufen können und auf die unbedingt sofort reagiert werden muss. Gefäßkomplikationen können Nekrosen verursachen. Ein stümperhafter Eingriff im Augenbereich könnte selbst ein Erblinden zur Folge haben. Beim Einsatz von Hyaluronsäurepräparaten ist bei etwaiger Überdosierung als Gegenmittel das Medikament Hyaluronoidase einzusetzen, um schädliche Folgen abwenden zu können. Allein schon deswegen gehören Behandlungen mit solchen Fillern von erfahrenen Ärzten durchgeführt, die dieses Medikament im Notfall gezielt einsetzen könnten. Noch wesentlich komplexer und auch potentiell folgenreicher ist eine Botulinumbehandlung. Botulinumtoxin ist ein starkes Nervengift und wirkt bereits in kleiner Dosierung extrem stark auf die Nervenbahnen. Eine Fehlbehandlung mit diesem Medikament kann tödliche Folgen haben. Gegen dieses Toxin gibt es kein Gegenmittel. Die ärztliche Ausbildung ist daher Grundvoraussetzung dafür, dieses Mittel bei Patienten anzuwenden. Laien können nicht kompetent mit Nebenwirkungen oder Komplikationen in Notfällen umgehen. Eine invasive Behandlung wie das Unterspritzen von Fillern durch Laien ist sehr riskant. Allein erfahrene Ärzte können Risiken bei Unterspritzung in adäquater Form einschätzen.

Wer darf mit Fillern behandeln?

Die gesetzlichen Regelungen sind eindeutig: Unterspritzungen mit Fillern gehören in die Hände von Ärzten. In Deutschland gibt es jedoch eine Ausnahme. In eingeschränkter Form dürfen auch Heilpraktiker Fillerunterspritzungen vornehmen: Es ist ihnen erlaubt, Hyaluronsäurepräparate zu injizieren. Eine Botulinumbehandlung ist ihnen hingegen untersagt. Im Interesse der Patienten und auch für eine risikoarme, fehlerfreie Behandlung ist es trotzdem nicht unproblematisch, einer Berufsgruppe mit nur begrenztem medizinischem Fachwissen eine invasive Behandlungsmethode zuzugestehen. Zu empfehlen ist daher, Unterspritzungen jeglicher Art (einschließlich von Hyaluronsäurepräparaten) am besten von einem erfahrenen Arzt vornehmen zu lassen. Eine Behandlung mit Botulinumtoxin ist ausschließlich Ärzten vorbehalten. Von den gesetzlichen Bestimmungen her ist für einen ärztlichen Behandler, der Unterspritzungen durchführt, eine spezielle Qualifikation ist zwar nicht explizit erforderlich. Gleichwohl empfiehlt es sich für den Arzt, der Unterspritzungen vornimmt, sich auf diesem Fachgebiet fortzubilden. Nicht unterspritzen dürfen alle Nicht-Ärzte, also auch Zahnärzte, und schon gar nicht Kosmetikerinnen oder sonstige Anwender/innen in Friseursalons oder in ominösen Schönheitsstudios.